Abwechslungsreiches Programm der Musikschule Hohenlohe
Musikschul-Vorspiel-Tag der anderen Art – Junge Leute, alte Klänge
Weikersheim Eigentlich wollten die Bläser der Musikschule Hohenlohe die Gäste auf dem Marktplatz begrüßen. Dass der Wind nicht nur mit den Notenblättern, sondern gleich mit den Notenständern sein Spiel trieb, sorgte für spontane Umorganisation: Mit Händels „Wassermusik“ eröffnete das Bläserensemble unter der Leitung von Sonja Arlt das Musikschul-Konzert aus dem Dorfmuseums-Foyer heraus.
Johanetta Müller, Vorsitzende des ehrenamtlich tätigen Dorfmuseums-Trägervereins „Tauberländer Volkskultur“ e.V., der für eine kleine Bewirtung sorgte, begrüßte die insgesamt rund 50 Musizierenden herzlich, die sich anschickten, den Gästen zwischen Stuben und regionalen Volkskultur-Exponaten aus vergangener Zeit
einen musikalischen Nachmittag im ehemaligen Kornbau zu bescheren. In munterem treppauf, treppab ließen sich rund 200 Besucher von der enormen musikalischen Gesangs- und Instrumentalreichtum faszinieren, den Schülerinnen und Schüler aus Blaufelden, Gerabronn, Igersheim, Niederstetten, Schrozberg und Weikersheim vorstellten. Musik aus sage und schreibe acht Jahrhunderten präsentierten die aus dem gesamten Musikschul-Verbandsgebiet angereisten Klangkünstler aller Generationen. Im fröhlich-familiären Stelldichein luden nach den Blechbläsern Block- und Querflötenensembles, Saitenspieler mit Streich- und Zupfinstrumenten, junge Pianisten und Akkordeonspieler, Schlagwerker und Sängerinnen ein, sich auf die Klangwelten einzulassen, die
Komponisten seit dem 11. Jahrhundert geschaffen haben.
Schon die alten Stuben, Kammern und Gemächer und die über 2000 Lebenswelt-Exponate aus drei Jahrhunderten, die der Verein im vor rund 450 Jahren errichteten „Fruchtkasten“ präsentiert, lassen die Gäste staunen; am Sonntag aber bescherten sich Musik und das Ambiente gegenseitig einen Zusatzzauber, der die Besucher regelrecht in seinen Bann zog.
Auf die im Foyer präsentierten Flötenklänge aus dem 14. bis 17. Jahrhundert folgte in der „guten Stube“ eine Etage höher in bester Hausmusiktradition Lauten- und Gitarrenklänge aus dem Mittelalter. Mit der Flötenlehrerin Regine Burdinski und Amandine Affagard-Galiano, die ihre jüngsten Schüler bei ihrem ersten Auftritt im Dorfmuseum begleitete, hatten die Gäste auch schon die beiden Hauptorganisatorinnen des Konzertnachmittags im Dorfmuseum kennengelernt.
Dann locken verführerische Stimmen an den Trachtenvitrinen vorbei: Die von Hanna Markowski präsentierten mit Theorben- und Lautenbegleitung von Amandine Affagard-Galiano wunderbare Melodien, ehe „Sax 3“ – Catarina Meiß, Xenia Lewosinski und Beate Oppold – an ihren Instrumenten zu einem Ausflug ins 17. Jahrhundert einluden. Eins tiefer machten sich derweil die von Angelika Dornberger und Inge Franzreb unterrichteten Tastenspieler bereit, die am Klavier ebenso wie am Akkordeon mit
Klängen von Bach, Beethoven, Diabelli, Pachelbel und Mozart aufwarteten. Ganz still wurde es im Foyer bei den zarten Veeh-Harfen-Tönen des Dornberger-Schülers Jonathan Schmidt: auch so geht Klassik!
Mit Vivaldi und Händel verwöhnten Burdinski-Schüler, mit einem wunderbaren „Ave Maria“ von Giulio Caccini und „Caro mio Ben“ von Tommaso Giordani die Markowski-Gesangsschülerinnen Theresia Paul und Elke Frank, während eine Etage höher Anna Hemberger ihr Cello stimmte, Stella Fehrenbach die Querflöte anblies und sich Vivienne Becker (Querflöte), Pascal Dörr (Gitarre) Ida Häfner (Schlagwerk) und Katrin Poppinga-Wessels (Cello) in ihre Noten vertieften. Noch ein paar Minuten Zeit blieb dem Querflötenensemble, das anschließend unter der Leitung von Andrej Sakur Mozarts „Kleine Nachtmusik“ präsentierte.
Musik satt? Noch lange nicht! Gut so, denn noch lockte das Abschlusskonzert, das Jonathan Ball, Schüler von Irina Alberg, am Klavier mit Händels „Passacaglia“ eröffnete. Kaum eine Maus hätte noch Platz gefunden im Museumsfoyer, als das Zupfensemble unter der Leitung von Amandine Affagard-Galiano Händels „Sarabande“ und das Querflötenensemble der Klasse von Andrej Sakur Vivaldis „Frühling“ anstimmte.
Durch die Bank allerhöchste Qualität – die dann auch erneut Sängerin Iris Burkhart mit Theorbenbegleitung präsentierte. Giulio Caccinis Liebeslied wäre, hätte es seinerzeit schon Radiogeräte gegeben, mit Sicherheit der Sommerhit des Jahres 1601 geworden, erläuterte Musikschulleiter Andreas Straßer. Gut, dass sich das mit den unterschiedlichsten Blockflöten ausgestattete Mehrgenerationen-Flötenensemble bereits durchs dicht gedrängte Publikum geschlängelt hatte, um fürs Finale unter der Leitung von Regine Burdinski bereit zu sein.
Seit über vier Jahrzehnten unterrichtet die engagierte Blockflöten-Lehrkraft an der Musikschule Hohenlohe und hat dabei drei Generationen teilweise bereits seit dem Kindergartenalter begleitet. Die Schrozberger Bürgermeisterin und Vorsitzende des Zweckverbands Musikschule Hohenlohe Jacqueline Förderer würdigte die engagierte Musikerin, Fotografin und kreative Ideengeberin, die der Musikschule nicht nur mit ihren zahllosen Zeitungsberichten einen Platz in der Öffentlichkeit sichert. Ihrer Gratulation zum bereits im vergangenen Jahr erreichten 40jährigen Dienstjubiläum schloss Jacqueline Förderer nachdrückliche Wünsche an: Sie hoffe auf noch viele weitere Jahre toller gemeinsamer Musikerlebnisse.
Mit heiteren Melodien von Erasmus Widman, der als Hofkomponist des Grafen Wolfgang Zeitzeuge der Errichtung des heute als Museum genutzten Kornbaus war, rundete Burdinskis Mehrgenerationen-Ensemble den musikalischen Dorfmuseums-Nachmittag ab. Und der hatte so ganz und gar nichts mehr zu tun mit traditionellen Vorspiel-Konzerten, bei denen einst Schüler bleich vor Aufregung und mit klammen Fingern nur versuchten, fehlerfrei durch die Stücke zu kommen. Im „Klingenden Dorfmuseum“ herrschte familiäre Heiterkeit und eine Spielfreude, die auch denen ein nicht schnell zu vergessendes Musikerlebnis bescherte, die alten Klängen eher skeptisch begegnen.
Text Inge Braune, erschienen 29. Juli 2023 Fränkische Nachrichten