Von Sprachinseln, Wolkenstürmern und Chorherren
Wer aus der Reisegruppe des Vereins geglaubt hatte, dass mit dem Hohenloher Dialekt die sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten erschöpft wären, wurde im Museum „Jenische Sprache“ eines besseren belehrt. Das um dieses Thema erweiterte Ludwig-Doerfler-Museum in Schillingsfürst zeigt alle Facetten der „Sprache des fahrenden Volkes“. Diese Sprache, eine Mischung aus dem Jiddisch von Osteuropa, der Gaunersprache „Rotwelsch“ sowie der lokalen und regionalen Dialekte ist immer noch in sogenannten Sprachinseln wie Schillingsfürst, Matzenbach oder Unterdeufstetten geläufig. Das Museum gibt nicht nur über die mündlich überlieferten Begriffe sondern auch über die Bevölkerung Auskunft, welche als Beigabe das „Jenisch“ mitbrachte. Eine Reihe von Bürgern aus jenen Ortschaften schuf sich bis in die Neuzeit eine Existenz als Musiker, Artist, Schausteller oder ambulanter Händler. Das Museum und einige Autoren verstehen sich als Sachwalter einer sprachlichen Besonderheit, die zu Hohenlohe und dem angrenzenden bayerischen Raum gehört und nicht wenig zur Identität dieser Gegend beigetragen hat.
Ein weiterer Besuch galt dem erst vor wenigen Wochen eröffneten Museum „Pioniere der Lüfte“ in Leutershausen. In dessen Mittelpunkt der in der Stadt 1874 geborene und in die USA ausgewanderte Tüftler Gustav Weißkopf steht, der Flugapparate und Motoren in Amerika entworfen und gebaut hat. Obwohl G. Weißkopf über keine technische und wissenschaftliche Ausbildung verfügte, hat er sich mit großer Wahrscheinlichkeit mit seinem zweimotorigen Flugapparat Nr. 21 bereits im Jahr 1901 in Fairfield, Connecticut und damit noch vor den Gebrüdern Wright in die Luft erhoben. Der Autodidakt, der als Beruf Aeronaut angegeben hat, entwickelte mit Azetylen und Benzin angetriebene Motoren und andere Flugapparate, denen jedoch wegen den technischen Unzulänglichkeiten jener Zeit oft kein Erfolg beschieden war. Eine umfangreiche Dokumentenabteilung mit Zeitungsberichten jener Epoche beweist, dass die Zeit für das „Fliegen schwerer als Luft“ reif war. Das Museum hat Weißkopf, den leidenschaftlichen und begnadeten Flugpionier, der für das Fliegen letztlich seine Existenz ruiniert hat, wieder in Erinnerung gebracht.
Der letzte Teil der Reise war der Stadt Herrieden gewidmet, die heute als Kleinod am Oberlauf der Altmühl gilt, weil sie in der mittelalterlichen Kirchengeschichte einen bedeutenden Platz eingenommen hat. Bereits 782 im Auftrag des Karolingers Karl dem Großen als Kloster gegründet, entwickelte sich Herrieden in den folgenden Jahrhunderten zum bedeutenden Chorherrenstift mit überregionaler Bedeutung, dessen Rechte bis in das Taubertal und an die Donau reichten. Die im Jahre 1071 geweihte Stiftskirche gilt nach der Barockisierung im 18. Jh als Prachtstück unter den fränkischen Sakralbauten. Der Rundgang zu den markantesten Gebäuden der Altstadt wie der Frauenkirche, dem Alten Stadttor und der Stiftskirche mit ihrem kunstvollen Chorgestühl wurde von Helmut Fehler begleitet, der auch diese Tour geplant und organisiert hat. Fehler wies in diesem Zusammenhang auch auf einen Versuch Karls des Großen im Jahre 793 hin: die nur einen Tagesmarsch entfernte Wasserscheide zwischen Nordsee und Schwarzen Meer mittels eines Kanals – heute als „Fossa Carolina“ bekannt – zu überwinden.
TVK